Homesharing in Berlin

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Berlin ist eine Stadt, deren Flair und Atmosphäre Menschen aus der ganzen Welt anlockt. Jedes Jahr ziehen zehntausende Menschen in unsere Stadt und lassen sie immer weiter wachsen. Eben dieser Zuzug stellt Berlin jedoch auch vor die Herausforderung mehr bezahlbaren Wohnraum gerade für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu schaffen. Eine Herausforderung, der der Senat nicht gerecht wird.

Stattdessen sucht der Senat die Lösung in immer mehr Verboten und Bürokratie. Durch das Zweckentfremdungsverbotsgesetz etwa will der Senat es verbieten private Wohnungen als Ferienwohnungen zu vermieten. Statt in Neubauprojekte zu beschleunigen und den Bau von Wohnungen zu erleichtern, konzentriert sich der Senat darauf Berlinerinnen und Berlinern vorzuschreiben, wie sie ihre Wohnungen zu nutzen haben. 

Rechtliche Probleme des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes

Gegen die erste Fassung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes wurde immer wieder geklagt, so dass sich der Senat zur Ausbesserung verpflichtet sah. Die Berliner Gerichte erachteten eine Vermietung an 182 Tagen in Jahr als zulässig, doch diese Entscheidung wird vom Berliner Senat schlicht missachtet. So ist es Homesharern nur noch an 60 Tagen im Jahr erlaubt ihre Wohnung zu vermieten. Pendler, Studenteninnen und Geringverdiener werden der Möglichkeit beraubt sich durch die Vermietung ihrer eigenen vier Wände etwas hinzuzuverdienen. 

Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass sich einzelne Bürger erneut an die Gerichte wenden, um eine Vermietung über 60 Tage zu erstreiten. Es kann jedoch nicht sein, dass nur die Berlinerinnen und Berliner ihre Wohnungen an mehr Tagen vermieten können, die sich einen Gang vor die Gerichte leisten können. Was Gerichte hier für Einzelne ermöglicht haben, muss für alle Berlinerinnen und Berliner gelten! 

Das Gesetz trifft die Falschen

Gleichzeitig sorgen die neuen Regelungen für neue Aufgaben in den Verwaltungen der Bezirke, für die sie nicht gewappnet sind. Durch die Überprüfung und Ausstellung von Registrierungsnummern, die Homesharern ausgestellt werden sollen, um einen Nachweis für eine durch die Bezirke genehmigte Vermietung zu haben, ist ein großer Verwaltungsaufwand verbunden.

Zudem ist eine effiziente Kontrolle von Homesharern durch die Vielzahl an Onlineportalen schwierig und scheint durch den Personalmangel in der Verwaltung fast unmöglich. Das Angebot von „Airbnb“ die, ohnehin durch das Portal erhobenen, Daten an die Bezirke weiterzuleiten, um so eine digitale Beantragung zu ermöglichen, lehnte der Senat ab. 

Hinzukommt, dass der Senat seit Mai nicht in der Lage ist die Ausführungsvorschriften für das Zweckentfremdungsverbotsgesetz zu erlassen. Dadurch müssen die Bezirke im Augenblick alle Begriffe und Streifragen im Gesetz selbst auslegen, was teilweise zu haarsträubenden Vorgaben führt: So fordern einige Bezirke etwa den Nachweis einer Urlaubsbestätigung durch den Arbeitgeber, obwohl dies im Gesetz nicht vorgesehen ist. Andere Bezirke verlangen, dass eine Vermietung unter 60 Tagen, die eigentlich genehmigungsfrei ist und auch ohne Registrierung durchgeführt werden kann, durch den Homesharer bei den Ämtern angezeigt wird. 

Nicht zu vergessen sind auch die Kosten, die für eine Genehmigung von Homesharing anfallen. 225 Euro kostet die Beantragung und dabei ist auch unklar, welche Dauer eine solche Erlaubnis hat. Laut „Airbnb“ verdienen Homesharer jedoch durchschnittlich nur 1500 Euro durch ihre Vermietung – im Jahr. Vor allem dies macht deutlich, dass es sich beim Großteil der Homesharer nicht um Menschen handelt, die anderen aus reinem Gewinnstreben eine Wohnung wegnehmen, sondern um gewöhnliche Pendler, Studentinnen oder Geringverdiener, die sich durch die Vermietung gegenfinanzieren wollen. Denn diese Gruppe macht den Großteil aus – Homesharer nehmen niemandem eine Wohnung weg, sie vermieten sie nur gelegentlich weiter.

Homesharing muss einfacher werden

Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz ist letztlich kein sinnvolles Instrument um dem Wohnungsmangel in Berlin zu begegnen. Es ist rechtlich unsicher, viel zu bürokratisch und vor allem hat es Menschen im Fokus, die kein Problem für den Berliner Wohnungsmarkt darstellen. 

Sicherlich braucht es eine Regelung, um Wohnungen, die ganzjährig als Ferienwohnungen missbraucht werden, wieder dem Markt zuzuführen. So wie bei jedem Gewerbe sollte auch hier eine Genehmigung notwendig sein. Homesharing muss aber gerade für private Anbieter deutlich einfacher werden, etwa indem eine Vermietung an weniger als 182 Tagen genehmigungsfrei bleibt und eine Genehmigung als erteilt gilt, solange die Behörden keinen Widerspruch erheben. 

Berlin sollte sich nicht länger in Scheinlösungen versticken, die es vor allem den gewöhnlichen Berlinern erschweren und Homesharing einfacher machen, sondern den Wohnungsbau anpacken. 

Timo Bergemann